Freitag, 29. März 2013

Die Junge Ente

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Die junge Ente. 

Die Henne führt der jungen Schaar,
Worunter auch ein Entchen war,
Das sie zugleich mit ausgebrütet.
Der Zug soll in den Garten gehn;
Die Alte giebts der Brut durch Locken zu verstehn;
Und jedes folgt, sobald sie nur gebietet,
Denn sie gebot mit Zärtlichkeit.

Die Ente wackelt mit; allein nicht gar zu weit.
Sie sieht den Teich, den sie noch nicht gesehen;
Sie läuft hinein, sie badet sich.
Wie, kleines Thier! Du schwimmst? Wer lehrt es dich?
Wer hieß dich in das Wasser gehen?
Wirst du so jung das Schwimmen schon verstehen?

Die Henne läuft mir struppigem Gefieder
Das Ufer zehnmal auf und nieder,
Und will ihr Kind aus der Gefahr befreyn;
Setzt zehnmal an, und fliegt doch nicht hinein;
Denn die Natur heißt sie das Wasser scheun.
Doch nichts erschreckt den Muth der Ente;
Sie schwimmt beherzt in ihrem Elemente,
Und fragt die Henne ganz erfreut,
Warum sie denn so ängstlich schreit?

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Was dir Entsetzen bringt, bringt jenem oft Vergnügen.
Der kann mit Lust zu Felde liegen,
Und dich erschreckt der bloße Name, Held.
Der schwimmt beherzt auf offnen Meeren;
Du zitterst schon auf angebundnen Fähren,
Und siehst den Untergang der Welt.
Befürchte nichts für dessen Leben,
Der kühne Thaten unternimmt;
Wen die Natur zu der Gefahr bestimmt,
Dem hat sie auch den Muth zu der Gefahr gegeben.

(Christian Fürchtegott Gellert)

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