Mittwoch, 17. April 2013

Der Regentropfen - Gedicht Christoph von Schmid


Fast wie ein Wunder der Natur wirkt der Regentropfen, wenn er von der Sonne angestrahlt wird. In ihm spiegeln sich Zweige oder andere Dinge. Je nach dem aus welcher Richtung man schaut, wechselt er die Farbe in Rot, Grün, Blau. Ein wunderschönes Gedicht erzählt von diesem Farbenspiel.


Der Regentropfen

Ein Frühlingsregen überfiel
Drei Knaben einst bei ihrem Spiel
Auf bunter Au am Buchenhain -
Sie flüchteten in Wald hinein.

Da kaum die Sonn' aus Wolken bricht,
Glänzt etwas, wie ein brennend‘ Licht,
Hellschimmernd aus des Waldes Nacht
In wunderbarer Farbenpracht.

"Ha, welch ein wunderschöner Schein,.
Rief Karl, da seht einmal hinein;
Schau, Fritzchen, dort im Busche, schau,
O welch ein unvergleichlich Blau!"

„Ich seh', sprach Fritz, das Licht wohl auch
Dort in dem wilden Rosenstrauch,
Doch ist's, so wahr ich ehrlich bin —
Ein herrlich schönes goldnes Grün."

„Was grün, was blau, fing Gustchen an,
Wie man sich doch betrügen kann!
Roth wie Rubin, seht ihrs denn nicht,
Ganz glutroth strahlt das Wunderlicht."

Sie traten hin — der Schimmer war
Ein Regentropfen hell und klar —
An einem einzeln Sonnenstrahl,
Der sich ins tiefe Dunkel stahl.

In buntverschied'nem Glanze seh'n
Die Wahrheit wir — nachdem wir steh'n;
Wird sie einst näher uns gerückt —
Wird sie in reinem Licht erblickt.

Christoph von Schmid
(*1768 †1854)

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